Ambhibienschutz
Frühlingszeit – Laichzeit. Für viele unserer Amphibien – Frösche, Kröten, Molche – beginnt das Frühjahr mit einer weiten Wanderung.
Doch der Weg vom Winterquartier zu einem Laichgewässer ist heutzutage alles andere als gefahrlos.
Immer mehr Straßen und andere Barrieren zerschneiden unsere Landschaften und das Verkehrsaufkommen darauf nimmt stetig zu. Manche Straßenabschnitte erweisen sich daher heute als regelrechte Todesstreifen für wandernde Amphibien.
Im Einzelfall kann die Verlustrate so hoch sein, daß ganze Populationen zu erlöschen drohen.
Ein unvermeidbarer Preis für unsere steigende Mobilität?
Wir meinen: Nein! – und tun etwas dagegen ...
Eine grundlegende Maßnahme, um die Verkehrsverluste bei wandernden Amphibien zu verringern, ist das Anbringen spezieller Warnschilder an bekannten „Brennpunkten“. Oft sind sie kombiniert mit Geschwindigkeitsbeschränkungen. In Einzelfällen werden Straßen während der Wanderungszeit sogar gesperrt, zumindest zur Nachtzeit.
Leider aber zeigt die Erfahrung, daß nur wenige Autofahrer hierauf Rücksicht nehmen, indem sie ihr Fahrverhalten den Erfordernissen anpassen.
Unabdingbar sind deshalb zumeist weitergehende Vorkehrungen, die jedoch einen nicht unerheb- lichen Aufwand für die Aktiven im NABU Dransfeld mit sich bringen.
Amphibienzaun
Allen Appellen zur Rücksichtnahme zum Trotz können i.d.R. nur aktive Hilfsmaßnahmen verhindern, daß Amphibien bei ihrer Frühjahrswanderung in großer Zahl Opfer des Straßenverkehrs werden.
Selbst auf schwach befahrenen Strecken reichen mitunter bereits wenige Fahrzeuge in der Stunde aus, um Lokalpopulationen einer oder mehrerer Amphibienarten massiv zu dezimieren und so deren langfristigen Fortbestand in Frage zu stellen. Diese Gefahr gilt es zu entschärfen. In besonderer Weise bewährt haben sich in diesem Zusammenhang temporäre Fang- bzw. Leiteinrichtungen, die gemeinhin als sog. „Krötenzäune“ bekannt sind, aber auch zahlreichen anderen Arten von wandernden Amphibien eine sichere Straßenpassage ermöglichen sollen.
Die Bezeichnung „Amphibienzaun“ wäre somit korrekter. Der Zweck dieser mobilen, meist nur für wenige Wochen im Frühjahr betriebenen Barrieren besteht darin, die wandernden Lurche entweder zu einem gefahrlosen Durchlaß unter der Straße zu geleiten oder aber zu einfachen, aber erprobten Fangeinrichtungen zu führen, von wo aus sie sicher über die Straße bzw. zu ihrem Laichgewässer gebracht werden können.
Seit mehr als 25 Jahren setzt sich der NABU Samtgemeinde Dransfeld e.V. kontinuierlich und intensiv für den Schutz und die Erhaltung der Amphibienvorkommen unserer Region ein. Bereits 1984 wurde an der B3 nahe des Gutes Wellersen der erste Zaun aufgestellt, nachdem dort zuvor jährlich hunderte Erdkröten auf dem Weg zu ihrem Laichplatz umgekommen waren. Wenngleich nicht der gesamte Gefahrenbereich abgeschirmt werden konnte und noch immer zahlreiche Tiere überfahren wurden, konnten im ersten Jahr so immerhin 164 Erdkröten und 4 Bergmolche vor dem nahezu sicheren Verkehrstod bewahrt werden.
1987 wurde auf unser Betreiben hin ein ehemaliges, am nahen Waldrand gelegenes Teichgelände des Gutes wieder als Laichgewässer aufgestaut, wohin fortan alle im Straßenbereich eingesammelten Tiere ausgesetzt wurden. Suchten hier anfangs noch über 300 Lurche einen Weg über die Bundesstraße, registrierten wir im folgenden Jahr nur noch knapp 100 Tiere. Nachdem das neu angelegte Ersatzgewässer zunehmend Akzeptanz fand und immer weniger
Tiere die B3 querten, stellten wir 1990 die Rettungsmaßnahmen an dieser Stelle ein.
Aufgrund des nicht unerheblichen Aufwandes für den Aufbau und die mehrwöchige Betreuung eines Schutzzaunes auf der einen Seite und der begrenzten personellen Kapazitäten andererseits muß sich das Engagement des NABU Samtgemeinde Dransfeld im Bereich Amphibienschutz derzeit auf die Sicherung und Betreuung einiger weniger Straßenabschnitte beschränken.
Unser größtes Projekt: Eine knapp 450 m lange Strecke entlang der Straße zwischen Eberhausen und Papiermühle, wo seit dem Frühjahr 2002 insgesamt 6.090 Amphibien gerettet werden konnten. Diese bildet jedoch nicht die einzige Barriere auf dem rund 4 km weiten Weg zum nächsten Laichgewässer.
Weitere, z.T. stärker befahrene Straßen und andere Gefahrenquellen vervielfachen das Risiko auf der Frühjahrswanderung. So betrachtet werden durch den von uns alljährlich errichteten Amphibienschutzzaun gleich mehrere Gefahrenpunkte entschärft, die ansonsten zahlreichen Tieren unweigerlich das Leben kosten und die Population nachhaltig dezimieren würden.
Gerade bei relativ seltenen Arten, bei denen es auf jedes Individuum ankommt, ist Tierschutz darum auch mit Artenschutz gleichzusetzen – etwa beim Feuersalamander.
Obwohl mittlerweile langjährige Routine, stellt der Bau der Amphibienschutzzäune dennoch in jedem Frühjahr aufs Neue eine Herausforderung für uns dar. Diese zeigt sich bereits bei der Festlegung der Termine, um diese möglichst zeitig in der Lokalpresse ankündigen zu können.
Denn je nach Witterungsverlauf der zurückliegenden Wintermonate und aktuellem Wetter kann sich der Beginn der Amphibienwanderung um mehrere Wochen nach vorne oder nach hinten verschieben. Selbst kurzfristige Vorhersagen sind kaum möglich, da schon wenige Tage mit milden Frühlingstemperaturen und Regen die ersten Tiere aus ihrer Winterruhe wecken und mobilisieren können. Nicht immer ist es leicht, für diesen Zeitpunkt genügend freiwillige und motivierte Helfer zur Verfügung zu haben.
Da sich größere Verluste nur dann verhindern lassen, wenn es gelingt, den am stärksten bewanderten Straßenabschnitt auf mehreren hundert Meter durch einen Auffangzaun abzusperren, verbindet sich die Maßnahme mit einem nicht unerheblichen, alljährlich wiederkehrenden Aufwand. Vor allem das manuelle Graben einer fast 500 m langen Furche entlang des Straßengrabens mit Hacke, Spaten und Schaufel kostete bislang stets viele Stunden mühsamer Arbeit.
Eine große Hilfe und Erleichterung bedeutet daher die Unterstützung durch einen Kleinbagger, den der Flecken Adelebsen seit Frühjahr 2008 für den Schutzzaunbau zur Verfügung stellt, um uns zumindest diese Mühe abzunehmen. Aber auch das Aufstellen der Stangen, das Spannen des Haltedrahtes, die Befestigung und das sorgfältige Eingraben des Netzes dauert seine Zeit. Nicht vergessen werden dürfen auch die Fangeimer, die nach wie vor von Hand in den oftmals harten Schotter am Straßenrand eingraben werden müssen.
Solange der Amphibienzaun steht, werden die Fangeimer zweimal am Tag – frühmorgens und abends – von Walter Peters, der auch in der Papiermühle wohnt, sorgfältig kontrolliert. Dabei ist es nicht damit getan, die hierin gefangenen Tiere einzusammeln.
Vielmehr sind auch die Resultate jedes einzelnen Eimers detailliert zu protokollieren, wobei Art und Anzahl der in vorübergehenden Gewahrsam genommenen Kriechtiere in speziellen Erfassungsbögen genau festgehalten werden.
Eingang in das Protokoll finden außerdem die jeweiligen Wetterdaten vor Ort, insbesondere die Temperatur-, Niederschlags- und Windverhältnisse. Auch das Datum und die Uhrzeit der Kontrolle dürfen selbstverständlich nicht fehlen.
Über die Jahre konnten in diesem Rahmen nachfolgende Fangergebnisse verzeichnet werden:
2002 | 2003 | 2004 | 2005 | 2006 | 2007 | 2008 | 2009 | 2010 | 2011 | 2012 | 2013 | |
Kröten | 412 | 765 | 423 | 709 | 881 | 1246 | 348 | 570 | 448 | 285 | 319 | 807 |
Molche | 1 | - | - | - | - | 1 | - | - | 1 | - | - | - |
Die gesammelten Daten, die nicht nur hier bei uns, sondern an einer Vielzahl von Standorten im gesamten Bundesgebiet ermittelt werden, bilden eine wichtige Grundlage, um die Schutzmaßnahmen – zum Nutzen der vielerorts bedrohten Amphibien – weiter optimieren zu können. In zusammengefaßter Form stehen die Daten aber auch für das Internet zur Verfügung und geben so allen Interessierten einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand und Verlauf der Amphibienwanderung in den einzelnen Bundesländern.
Beim Aufbau bzw. der Betreuung unseres Amphibienschutzzaunes bei Eberhausen eröffnen sich nicht nur mancherlei Gelegenheiten, das umfangreiche Engagement des NABU Samtgemeinde Dransfeld medien- und öffentlichkeitswirksam zu präsentieren. Im Rahmen der Umweltbildung bieten sich auch weitreichende Chancen, speziell Kinder und Jugendliche an die Natur heranzuführen und für unsere Anliegen – den Schutz der Tier- und Pflanzenwelt – zu sensibilisieren.
Leider können im Landkreis Göttingen aktuell nur wenige Straßenabschnitte, die in nennenswerter Zahl von Amphibien auf ihrer Frühjahrswanderung überquert werden, in vergleichbarer Weise gesichert und betreut werden wie unsere Maßnahmen bei Eberhausen und Ossenfeld. Daher gibt es noch immer zahlreiche „Brennpunkte“ in unserer Region, wo Amphibien regelmäßig und in bedeutender Zahl dem Straßenverkehr zum Opfer fallen.
Es wäre somit wünschenswert, wenn sich auch für diese Stellen engagierte Mitbürger/innen finden würden, die sich für unsere heimischen Lurche aktiv einsetzen.
Krötentunnel
Die effektivste Methode, um Amphibien auch langfristig eine sichere Passage zu ermöglichen, sind sog. Krötentunnel. Im Unterschied zum Krötenzaun entfällt hier der jährlich wiederkehrende Aufwand für Aufbau und Betreuung.
Allerdings sind die Baukosten für eine solche Einrichtung relativ hoch.