Kopfweiden

Auch im Gebiet des Naturparks Münden haben sich stellenweise noch Überbleibsel einer alten, historischen Landnutzungsform erhalten: die Kopfweiden.

Vor allem an Gewässerläufen und Gräben finden sich Weiden verschiedenster Arten, in erster Linie Korbweiden (Salix viminalis), Bruchweiden (Salix fragilis) und Silberweiden (Salix alba), deren Stamm in einer Höhe von ca. zwei Metern abgesägt wurde. Die an der Schnittfläche in großer Zahl neu ausgetriebenen Ruten wurden regelmäßig geschnitten, wodurch sich der oberste Abschnitt des Stammes im Laufe der Zeit kopfartig verdickte.
Nicht nur als Rohmaterial für das Korbflechterhandwerk, sondern auch im Fachwerkbau waren Weidenruten als Flechtwerk für die Lehmwände unersetzlich. Stärkere, durchgewachsene Äste dienten für die Herstellung von Werkzeug- und Besenstielen. Sehr starke Äste fanden sogar als Weidezaunpfähle Verwendung. Eingegraben in feuchtem Boden treiben diese Pfähle aus Weidenholz oftmals neue Wurzeln aus und entwickeln sich so dank ihres enormen vegetativen Regenerationspotentials zu eigenständigen Bäumen.

Im fortgeschrittenen Alter bilden Kopfweiden vielfach Risse, Spalten und Höhlungen im oberen Stammbereich aus, die von seltenen Tierarten – besonders Fledermäusen, Bilchen und Eulen – gerne als Unterschlupf oder Nistgelegenheit genutzt werden. Als eine der ersten Trachtquellen im zeitigen Frühjahr bietet das Nektar- und Pollenreservoir der Weidenblüten einer Vielzahl verschiedenster Insekten, allen voran Bienen, Hummeln und Schmetterlingen, ergiebige Nahrung. Blätter, Holz und Rinde der Weiden dienen wiederum vielen Käfer- und Schmetterlingslarven – etwa dem Weidenbohrer (Cossus cossus) – gleichermaßen als Futter wie auch als Kinderstube. Für nicht wenige Tierarten sind Kopfweiden daher eine nahezu unersetzliche Lebensraumkomponente, deren Erhaltung und Schutz ein herausragender Stellenwert zukommt.

Damit sie neue Triebe ansetzen und der Stamm unter der Last zu schwer gewordener Äste nicht auseinander bricht, müssen Kopfweiden etwa alle 3–5 Jahre zurückgeschnitten werden. Unterbleibt dies, würde sich die Lebensdauer einer Kopfweide drastisch verkürzen.
Um Beeinträchtigungen für die Natur zu vermindern, wird der Rückschnitt üblicherweise im unbelaubten Zustand – also im Winterhalbjahr – durchgeführt. Trotz des vermeintlich radikalen Eingriffs treiben selbst ältere Kopfweiden in der nächsten Vegetationsperiode i.d.R. wieder kräftig aus, so dass im Folgejahr kaum noch Spuren der Pflegemaßnahme wahrnehmbar sind.

Im Rahmen kontinuierlicher Einsätze bemüht sich der NABU Dransfeld daher, diese selten gewordenen historischen Landschaftselemente und Lebensstätten vieler bedrohter Tierarten zu erhalten. Seit 1983 konnten so über 1.000 Kopfweiden in regelmäßigen Abständen mit einem Pflegeschnitt versehen werden. Rund 600 freiwillige Helfer/innen wirkten – in wechselnder personeller Zusammensetzung – bei den Pflegeaktionen mit, wobei etwa 3.000 ehrenamtliche Arbeitsstunden geleistet wurden, den Aufwand für Vor- und Nachbereitung nicht mitgerechnet.
Dank dieses unermüdlichen Engagements konnte im November 2007 die 100. Aktion dieser Art mit Würstchen, Eintopf und Getränken nach eigener Wahl gefeiert werden.
Da viele der alten Kopfbäume überaltert und abgängig sind, werden – wo dies möglich ist – auch Neupflanzungen angestrebt und durchgeführt.