Vogelschutz
Hervorgegangen aus dem Deutschen Bund für Vogelschutz (DBV) fühlt sich der NABU unserer einheimischen Vogelwelt auch heute noch in besonderem Maße verpflichtet. Während direkte Nachstellungen innerhalb unserer Grenzen nur noch vereinzelt eine Bedrohung darstellen, haben sich die Lebensbedingungen zahlreicher Arten in den zurückliegenden Jahrzehnten vielerorts verschlechtert.
Artenübergreifenden Konzepten, insbesondere der Erhaltung und der Wiederherstellung vielfältiger Lebensräume, kommt daher in Zukunft noch stärkere Bedeutung als bisher zu.
Keineswegs entbehrlich werden dadurch spezielle Einzelmaßnahmen, die vor allem den stark bedrohten Vogelarten gelten.
Manchen Arten konnte von uns auf diese Weise rückblickend gezielt geholfen werden.
Bereits einfache Maßnahmen können nachhaltig dazu beitragen, wie verschiedene Erfolge vor Ort belegen:
Früher ein vertrauter Anblick in unseren Ortschaften, stand die Schleiereule (Tyto alba) in den 1970er Jahren in weiten Teilen Norddeutschlands vor dem Aus – so auch im Kreis Göttingen.
Vor allem der Verlust an artgerechten Nistgelegenheiten hatte maßgeblichen Anteil daran, dass der nützliche Nachtjäger, der sich vorwiegend von Kleinsäugern ernährt, vielerorts keine ausreichenden Lebensmöglichkeiten mehr vorfand, um erfolgreich zu brüten und Nachwuchs aufzuziehen.
Natürliche Bestandseinbrüche, wie etwa nach langen, schneereichen Wintern sporadisch der Fall, können somit kaum noch kompensiert werden, wodurch sich der Negativtrend in der Populationsentwicklung zusätzlich verstärkt.
Nicht zuletzt die Wahl der Schleiereule zum Vogel des Jahres gab 1977 einer kleinen Gruppe im Altkreis Münden ansässiger Naturfreunde entscheidende Impulse, initiativ zu werden und sich für die Erhaltung dieser auch vor Ort weithin rückläufigen Eulenart aktiv zu engagieren. Gefordert war dabei vor allem Organisationstalent, Diplomatie und – handwerkliches Geschick: Im Eigenbau entstanden seitdem rund 120 spezielle Nistkästen, die nach und nach im ge- samten Umland ausgebracht wurden – vorzugsweise an Scheunen, Kirchtürmen und anderen dafür prädestinierten Objekten. Wo dies möglich war, wurden auch vormalige Wohnstätten, z.B. Dachböden landwirtschaftlicher Gebäude, für die Schleiereule wieder zugänglich gemacht – kein einfaches Unterfangen, standen hier doch oft genug mancherlei Vorbehalte im Weg.
Ein umfangreiches Beratungsangebot speziell für Gebäudeeigentümer bildete daher eine unerlässliche Ergänzung der Aktivitäten. Hierbei galt es nicht nur, Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit zu leisten, um auch private Grundeigentümer in nennenswerter Zahl für Hilfs- und Schutzmaßnahmen zu Gunsten der Schleiereule zu gewinnen. Kaum weniger wichtig war und ist es, ambitionierte Mitstreiter für die langfristige Betreuung der Nisthilfen zu finden.
Obwohl längst nicht alle Nistplatzangebote von der Schleiereule auch angenommen wurden, waren die jahrelangen Bemühungen dennoch vielfach von Erfolg gekrönt. In guten Jahren, insbesondere bei einem üppigen Nahrungsangebot an Mäusen, konnten bei Kontrollen im Aktionsgebiet mitunter 15–20 Brutpaare verzeichnet werden. Alleine im Bereich der Samtgemeinde Dransfeld wurden in einzelnen Jahren schon bis zu 6 Bruten festgestellt.
Aber auch bei jenen Niststätten, die von der Schleiereule nicht oder nicht regelmäßig belegt werden, war der Aufwand keineswegs vergebens. Nicht selten findet sich an deren Stelle ein Turmfalkenpärchen, das den Brutplatz übernommen hat und dort seinen Nachwuchs großzieht. Auch kleinere Vogelarten und Fledermäuse beziehen in den ursprünglich der Schleiereule zugedachten Nisthilfen gelegentlich Quartier.
In der Gesamtbilanz kann die Bestandssituation gegenwärtig als positiv eingeschätzt werden. Zwischenzeitliche Rückgänge lassen sich in erster Linie auf natürlich bedingte Schwankungen des Nahrungsangebotes zurückführen, die meist mit dem Witterungsgeschehen im Zusammenhang stehen und auf die Dichte der Beutetierpopulationen (v.a. Mäuse) Einfluss nehmen.
Da eine weitere Erholung der Schleiereulenbestände offenbar primär durch das Nahrungsangebot begrenzt scheint, gewinnt die Verbesserung der Lebensraumqualität vor Ort in der Zukunft noch stärker an Bedeutung als bisher. Namentlich das Grünland, das infolge seiner Umwandlung zu Ackerflächen gerade in den letzten Jahren an vielen Stellen beträchtliche Verluste erfuhr, spielt dabei eine tragende Rolle. Hier zeichnet sich aktuell ein gegenläufiger Trend ab, durch den maßgebliche Erfolge des Artenschutzes, nicht zuletzt auch bei der Schleiereule, vielerorts in Frage gestellt, wenn nicht sogar wieder zunichte gemacht werden.
Angesichts dieser dramatischen Entwicklung sind neue Strategiekonzepte daher unumgänglich! In diesem Kontext kommt dem Erwerb von Grundstücken und ihrer Sicherung durch den Naturschutz ein besonderes Gewicht zu.
Seine angestammten Niststätten verloren hatte vielerorts auch der Mauersegler (Apus apus), der bei uns vor zugsweise im Dachgestühl von Kirchtürmen und älteren Gebäuden brütete. Nicht selten waren Sanierungen ursächlich dafür, daß vorhandene Nischen für diesen oft gesellig nistenden Vogel nicht mehr zugänglich waren.
Um den Mauersegler vor Ort zu halten oder ggf. wieder heimisch zu machen, bemühte sich der NABU ab 1979 darum, an zahlreichen ausgesuchten Standorten im gesamten Kreisgebiet neue Nistmöglichkeiten für diese Art zu schaffen.
Vor allem an Kirchen, aber auch an Wohnhäusern wurden zu diesem Zweck spezielle Nistkästen angebracht, die als Ersatz für vorangegangene Verluste an Nistplätzen dienen sollten.
Der Erfolg blieb nicht aus: Nach Jahren des Wartens kehrte der Mauersegler in viele der zwischenzeitlich verwaiste Ortschaften zurück, wo er seit Menschengedenken sesshaft war – so beispielsweise nach Dransfeld und Scheden.
Viele Jahrhunderte direkter Nachstellungen, in jüngerer Zeit aber auch Einflüsse von Umweltgiften und der Verlust zahl reicher Biotope hatten zur Folge, dass der Uhu (Bubo bubo) zur Mitte des 20. Jhds. in weiten Teilen Mitteleuropas ausgestorben war. Auch in unserer Region waren viele Jahrzehnte vergangen, seit zum letzten Male eine erfolgreiche Brut unserer größten heimischen Eule beobachtet werden konnte.
Um den Uhu stand es nach wie vor schlecht, als sich der Kreisverband des DBV Göttingen Anfang der 80er Jahre der Herausforderung annahm, zur Rückkehr dieses imposanten Nachtvogels einen eigenen Beitrag zu leisten.
Zielsetzung war, historisch belegte Brutplätze des Uhus im Werratal, Weserbergland bis hin zum Harz wieder zu besiedeln und miteinander zu vernetzen.
Die Basis hierfür bildete eine Zucht- und Pflegestation, die 1984 in Scheden entstand. Hier fanden verletzte Tiere Aufnahme und dienten, sofern sie nicht wieder in die freie Wildbahn entlassen werden konnten, als Stammeltern für die Nach- und Aufzucht von Jung-Uhus. Bereits 1985 stellte sich der erste Nachwuchs ein. Gleich fünf junge Uhus erblickten das Licht der Welt und gediehen prächtig.
Zusammen mit der Nachkommenschaft aus anderen Zuchtstationen, Wildparks sowie Zoos konnten so über die Jahre 160 Jung-Uhus in die Natur ausgewildert werden. Ziel und Zweck dieser Maßnahme war, die noch existenten, aber geschwächten Wildvorkommen aufzustocken. Auch erkennbaren Tendenzen zur Inzucht sollte auf diesem Wege entgegengewirkt werden.
Nicht alle der ausgesetzten Zöglinge – mitunter bis zu 20 im Jahr – blieben auch in der Region. Manche Uhus wanderten – wie Beringungen und andere Beobachtungen belegen – weit vom Aussetzungsort ab, in Einzelfällen bis in den Harz oder sogar weit nach Hessen.
Wie zu erwarten, gelang es nicht allen freigelassenen Jungtieren, in freier Natur zu überleben. Der Straßenverkehr, Stromleitungen und leider auch illegale Abschüsse forderten ihren Tribut. Trotz zahlreicher Rückschläge kamen andere Tiere mit den Anforderungen unserer heutigen Zivilisationslandschaften besser zurecht und fanden einen neuen Lebensraum, der ihnen hinreichende Überlebensmöglichkeiten bot.
Der erste Nachweis einer Wildbrut am Weserhang bei Hann. Münden im Jahr 1990 war für alle, die sich für die Wiederkehr des Uhus engagiert hatten, ein ganz besonderes, persönliches Erfolgserlebnis. Nach über einhundert Jahren war dies das erste Mal, dass ein Uhupaar wieder an dieser Lokalität brütete. Weitere Ansiedlungen im größeren Umkreis folgten, so etwa bei Elverse, wo sogar eine Bodenbrut beobachtet werden konnte.
Nach 20 Jahren konnte die Nachzucht daher eingestellt werden. Heute konzentriert sich das Engagement des NABU für den Uhu vorwiegend darauf, die Vorkommen vor Ort zu betreuen. Dazu werden u.a. die Brutplätze erfasst und Uhu-Beobachtungen jeglicher Art dokumentiert. Darüber hinaus gilt es, die Bruthabitate vor Beeinträchtigungen und Störungen zu schützen, wodurch hin und wieder auch Sofortmaßnahmen erforderlich werden.
Unsere heutigen Anstrengungen richten sich vor allem darauf, die Umweltbedingungen und die Lebensräume vor Ort zu verbessern, damit sich die Bestände des Uhus auch in unserer Region weiter erholen und langfristig stabilisieren können. Nach wie vor sind viele potentielle Reviere unbesetzt, so dass vielerorts auch weiterhin realer Handlungsbedarf besteht.
Andere Vogelarten
Es würde den Rahmen sprengen, über alle Vogelarten, für die sich der NABU Dransfeld jemals engagiert hat, in der gleichen Ausführlichkeit zu referieren wie in den vorherigen Beiträgen. Dennoch soll nachfolgend eine kurze Aufzählung der wichtigsten Projekte eine annähernde Vorstellung vermitteln, wie umfassend unser Aktivitätsspektrum im Bereich Vogelschutz in den zurückliegenden Jahrzehnten war.
- Niststätten-Programm für die Wasseramsel im westlichen Landkreis
- Sanierung bzw. Neuanlage von Nistwänden für den Eisvogel
- Anbringung von Nisthilfen für Rauch- und Mehlschwalbe
- Nachzucht und Wiederansiedlung des Steinkauzes
- Aufstellung von Ansitzwarten in der Landschaft
- Pflegestation für Greif- und Eulenvögel
- vogelkundliche Exkursionen